Herbsttour 2008   Jungfernfahrt im alten Revier
Eigentlich war das alte Boot schon zu klein. Nun ist dieses Dingi noch mal einen Fuss kürzer. Und es ist ein ordentlicher Batzen Geld für ein knapp sechs Meter langes Boot. Sprechen wir auch nicht von polnischer Ausrüstung, wie Sanitäreinrichtungen, wo es doch Eimer gibt. Wir wohnen - quasi mit Meerblick -  in Stuttgart und fahren den idealen Zugwagen: Mercedes-Benz SLK. Wann kann man schon mal so herrlich unvernünftig sein?

Warum dann nicht gleich alle Sonnenstunden verstreichen lassen und im Herbst aufs Wasser? Auf die Nordsee? Klingt doch viel authentischer als Ostsee.

Bericht des Alternativtörns von Anja und Jens. 
Den bekannten Artikel über Cornish Crabber in der Yacht habe ich nur nebenbei wahrgenommen. Gesegelt wurde erst eine Flamingo 200, dann ein Hobie 16. Wir kreuzt man die beiden Typen? Dragonfly, oder vielleicht ein Strider von Richard Woods? Dann waren wir diesen Sommer doch wieder in Cornwall. Im Hafen von Mousehole liegt ein kleiner Segler. Positiver Decksprung, grader Bug, Gaffelrigg. Vielleicht ist mein Immunsystem bei dem segelfreien Urlaub angegriffen. Ich gehe wohl zu nah ran und es kommt zur Infektion.

Die Reaktionen auf das Boot sind beeindruckend. Wir werden mehrfach angesprochen und von Containerkapitänen angewinkt.   
Anja - die beste Segelfrau von allen - macht die Entscheidung von der Kojenqualität abhängig. Da haben wir wir die Rechnung ohne Roger Dongray gemacht. Die Situation unter Deck ist verblüffend gut. Recht lange Kojen und bei der Kleinen Brise Steckbretter zur Kojenverbreiterung. Der Rest der Entscheidung geht in Teakdeck, Einbaudiesel und Bugspriet unter.

Für den Jungfernfahrt wählen wir unser altes Heimrevier: Weser- und Elbemündung. Wir kranen in Bremen-Hemelingen fahren die Weser hinab bis nach Fedderwardersiel. Zurück nach Bremerhafen und die Elbe hoch nach Hamburg.
Die Kleine Brise in voller Pracht im Sportbootanleger Geestemünde in Bremerhaven. Wir bereiten die Kanalfahrt im Haddelner Kanal vor.

Was hatte uns der nette Vorbesitzer nicht alles erklärt. Zum Aufriggen sind wir dann irgendwie nicht gekommen. Ganz schön viele Leinen am Mast. Wir haben das Auf- und Abriggen aber dank Kanalfahrt trainieren können. Abriggen 30 Minuten, Aufriggen 45 Minuten, netto plus Autobahnverpackung.
Vor dem ersten Maststellen in Elsfleth. Ein Vorteil des Gaffelriggs ist der niedrige Mast. Mit einer Umlenkrolle kann man ihn Problemlos vom Cockpit aus stellen und legen.

Vorher haben wir in Bremen übernachtet. Hier gibt es jetzt einen City-Sportboothafen. Wer keine ausgeprägte Schwerhörigkeit mitbringt sollte hier besser mit Ohrstöpseln schlafen.
Die Wesermündung. Kein typisches Segelrevier. Aber spannend und für den Shrimper gut geeignet. Der Berufsverkehr ist etwas weiter weg als auf der Elbe, es gibt eine bunte Sammlung aktiver und pensionierter Leuchtfeuer und mittlerweile gibt es auch wieder recht grosse Seehundkolonien zu beobachten.

Hier lassen wir uns gerade von leichtem Wind und ablaufendem Wasser Richtung Fedderwarder Priel seewärts schieben.
Wir haben die Ankerkette gegen eine Bleileine getauscht. Eine gute Wahl. Wir haben viel geankert und es funktioniert auf einem kleinen Boot so wesentlich besser. Daneben die sanitären Anlagen. Bei Morgentemperaturen von 7 Grad eine recht burschikose Angelegenheit. 
Zu den Vorzügen des Wattsegelns gehören Sonnenaufgänge auf dem Wasser. Vormittagsniedrigwasser heisst bei den meisten kleinen Wattenhäfen zwei bis drei Stunden vorher mit dem letzten Wasser auslaufen.Wer nicht früh aufstehen mag, der kommt hier nicht weit.

In diesem Fall ist es kurz nach sieben Uhr vor Nordenham. Best-buy war Auslaufen um 5:30 Uhr. Da war der Sonnenaufgang aber noch recht weit entfernt (September!), für die Position der jeweils nächsten Pricke muss man dann einfach ein gutes Gespür haben.
Yachthafen des Butjadinger Yachtclub in Fedderwardersiel. Satte fünf Zentimeter Wassertiefe. Das Revier ist von der Verschlickung bedroht (Weservertiefung!). Trotzdem ist es von Bremerhaven immer noch ein wunderschöner Tagestörn nach Fedderwardersiel. Und mit dem geringen Tiefgang des Shrimpers können sogar noch problemlos die Priele hochgekreuzt werden.
Leben im Shrimper. Geplant war: "Wenn es zu kalt wird, dann gehen wir einfach ins Hotel." Statt Hotelzimmer haben wir dann sogar die meisten Mahlzeiten an Bord zubereitet. Zugegebenermassen meist aus der Dose. Oder gleich aus mehreren (siehe Bild).

Was uns bislang nicht gelungen ist, ist es nach der Kombination von Segeltag, Abendessen und Übernachtung auch noch eine repräsentative Ordnung im Boot zu halten. Ein bisschen mehr Stil würde doch so gut zu dem Boot passen...
Morgenreinschiff in Otterndorf. Gleich geht es auf die Elbe. Wir fahren in zwei Stremeln elbaufwärts. Erst bis Wischhafen, dann bis in den Stadtsporthafen nach Hamburg. Seine Lage ist genauso einzigartig, wie die Anfahrt an Blankenese, Blohm + Voss und den Landungsbrücken vorbei. Sehr gut im alten Feuerschiff gegessen.

Elbabwärts geht es über Glückstadt (weil tidenunabhängig). Freundliche und schnelle Hilfe bei kleiner Maschinensorge durch die Firma Niemann vor Ort.
Wir Kranen in Bremerhaven aus dem Wasser (Weser Yachtclub). So schön der Elbe-Weser-Kanal ist, bei nur 10 Tagen Fahrtzeit hätte eine Richtung gereicht. Draussen ist es viel schöner - wir sind ja auch ein Segelboot. Nach zwei Anläufen (einmal Sturm, dieses Jahr gänzlich unpassende Tide) müssen wir das nächste Mal unbedingt aussen rum.


So langsam lernen wir das Boot richtig kennen: Alles ist ausgeräumt, Restwasser gelenzt, die Maschine ist entsalzen und eingewintert. Im Frühjahr geht es zum ersten Mal ans Holz: Der Bugspriet ist reif. Und irgendwie stellt sich schon wieder die Frage nach den Zielen für den nächsten Sommertörn.   

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